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Müllverdichter nach Krasnodar verkauft / Kritik an wirtschaftlichen Beziehungen

Müllverdichter nach Krasnodar verkauft / Kritik an wirtschaftlichen Beziehungen

Freundschaftsgesellschaft vermittelt den Handel

Von unserem Redaktionsmitglied Pascal Schütt

Der 36,5 Tonnen schwere Müllverdichter legt in Karlsruhe nur einen kurzen Zwischenstopp ein. Er ist auf seinem Weg aus dem US-Bundesstaat Texas in die Karlsruher Partnerstadt Krasnodar. Gebraucht verkauft von der Karlsruher Firma Wasmer an den russischen Entsorgungsdienstleister CJSC Kubanoptprodtorg. So weit, so gewöhnlich. Ungewöhnlich ist, dass die Freundschaftsgesellschaft Karlsruhe-Krasnodar das Geschäft eingefädelt hat. Deren Vertreter schauen am Montagvormittag immer noch ein wenig ungläubig. „Ich dachte immer, wir kleinen Wichte können so was gar nicht“, sagt der stellvertretende Vorsitzende Herbert Huber. „So was ist doch eigentlich eher die Aufgabe von Wirtschaftsförderung oder IHK.“

Bildungsaustausch, Bürgerreisen, kulturelle Verbindungen – dafür ist die Freundschaftsgesellschaft mit ihren aktuell rund 60 Mitgliedern bekannt. Auch den Austausch von Institutionen und Krankenhäusern fördert sie. Mehr als 50 Hilfstransporte von humanitären Gütern haben die Ehrenamtlichen seit Vereinsgründung 1992 bis ins Jahr 2012 auf den Weg gebracht. Hauptziel: Vertiefen der Beziehungen zwischen den beiden Städten und deren Bewohnern. Wirtschaftliche Fragen spielten bislang keine Rolle.

Die Geschichte des Müllverdichterhandels ist nun eine von gewachsenen Verbindungen nach Russland – und von Nachbarn in Karlsruhe. Sie begann mit einem Telefonat wie es Huber fast täglich führt: Er tauschte sich mit einer Bekannten aus Krasnodar aus. Deren Firma hatte vor einigen Jahren von der Stadt die Müllentsorgung übernommen. Irgendwann kam das Gespräch auf Reformen in der russischen Abfallwirtschaft und den Wunsch der Firma, zwei Müllverdichter zu kaufen. Einige Monate zuvor hatte man schon eine gebrauchte Sortieranlage aus der Schweiz erworben. Huber versprach, einen Bekannten zu fragen und brachte das Geschäft damit ins Rollen. Helfen konnte der Bekannte zwar nicht, er stellte aber den Kontakt zu seinem Nachbarn Albert Wasmer her.

Karlsruher Dienstleister und russischer Kunde sprachen nun direkt miteinander. Die Wünsche aus Krasnodar seien sehr präzise gewesen, sagt Firmenchef Wasmer. Er habe eine klare Ansage bekommen, von welchem Hersteller der Müllverdichter kommen sollte. Auch in Sachen Alter und Leistung hatte man in Krasnodar klare Vorstellungen. Wasmer machte sich auf die Suche und wurde einige Zeit später in Texas fündig. Ein zweiter Müllverdichter wird in vier Wochen aus Kanada zunächst nach Deutschland verschifft, ehe er sich auf die 3 250 Kilometer lange Reise in Karlsruhes Partnerstadt macht.

Stolz ist Herbert Huber, dass die Freundschaftsgesellschaft den Handel angestoßen hat. Aus seinem Frust über den aktuellen Stand der wirtschaftlichen Beziehungen der Partnerstädte macht er aber keinen Hehl: „Ich bedauere sehr, dass es offenbar nicht möglich ist, dass stabile wirtschaftliche Beziehungen entstehen“, sagt er, auch im Bewusstsein, dass die im Juli 2014 von der EU verhängten Wirtschaftssanktionen gegen Russland den Handel nicht erleichtert haben. „Auf unseren Delegationsreisen sind immer Mitglieder der IHK Karlsruhe oder der Stadt dabei. Wir saßen schon oft gemeinsam am Tisch. Aber es gibt einfach nichts Konkretes.“ Dabei seien wirtschaftliche Verbindungen für den Fortbestand von Städtefreundschaften sehr wichtig, sagt er. „Auf der Ebene der einzelnen Menschen ist viel möglich“, ergänzt sein Vorstandskollege Manfred Czychi. „Auf hochpolitischer Ebene werden oft einfach nur Vereinbarungen eingehalten.“

Die Freundschaftsgesellschaft hat mit der Vermittlung des Müllverdichter-Geschäfts Neuland betreten. Regelmäßig lasse sich so etwas freilich nicht machen, sagt Huber. Als Ausnahme bezeichnen möchte er die Initiative aber auch nicht. „Wir hatten beispielsweise vor einiger Zeit schonmal eine Anfrage. Damals ging es um einen Vertriebspartner für rund 100 000 Flaschen Wein aus der Region Krasnodar. Da konnten wir nicht helfen“, sagt er.